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Margherita Santi überzeugt bei Sternstunde in der Rohrmeisterei

Am Schluss: Ovationen. Die 28-jährige Pianistin Margherita Santi eröffnete am Sonntag
die Saison der Schwerter Konzertgesellschaft.

Eindrücklich war die Darbietung der italienischen Pianistin Margherita Santi (28) – mit Tiefe und Kreativität im musikalischen Gestaltungswillen.

Die 28-Jährige eröffnete mit der ersten „Sternstunde“ die diesjährige Saison der Schwerter Konzertgesellschaft in der gut besuchten Rohrmeisterei.

Sehr strukturiert, jeden Ton bewusst setzend, interpretierte die gebürtige Veroneserin Kompositionen der Klassik und Romantik.

Russische Einflüsse

Mozarts Fantasie in d-Moll begann sie mit langsamer Einleitung. Bei der bekannten Melodie des Adagios legte sie den Fokus auf unerwartete Pausen und harte, akzentuierte Anschläge russischer Schule, die sie am Tschaikowski-Konservatorium in St. Petersburg kennengelernt hatte.

Hüpfende Läufe leiteten danach zum Schlusssatz, in dem Santi eine gnomenhaft groteske Atmosphäre heraufbeschwor, geprägt von Stakkato und harten Einwürfen.

Beethovens „Mondscheinsonate“ gestaltete sie bisweilen schleppend, verzögernd – unterlegte das Werk mit einer ganz eigenen Tonsprache.

Dabei versank sie mit sichtbarem Seelenschmerz in ihre Interpretation, zelebrierte Langsamkeit, nicht ohne Spannung – zurückhaltend in der Dynamik.

Hüpfend, neckisches Kinderspiel, dazu die gravitätischen Schritte eines Begleiters, prägten den Mittelsatz – dies wirkt wie der Spiegel eigener Empfindungen der jungen Mutter mit einem gerade dreijährigen Kind.

Voller Energie stürzte sie sich abschließend ins Presto, mit heftigen Schlussakkorden.

Ein bipolarer Chopin

Der f-Moll-Fantasie von Chopin näherte sie sich ebenfalls auf ihre Weise. Die Töne des Marschsatzes einzeln drapierend, arbeitete sie die dunkle, melancholische Seite des Komponisten heraus. Bald schon nahm ihr Spiel Tempo auf, brach in ungestüme Geläufigkeit aus.

Der Übergang in lichte Klänge, lustvolles Spiel, erinnerte an Gemütsschwankungen bipolarer Art. Zurückgenommen in exzessives Stakkato, die Liebe zur Langsamkeit, überraschte die junge Frau ihr Publikum auch hier mit Eruptionen, verknüpfte dabei hohe Geläufigkeit mit ausgeprägter Phrasierung und Ruhepunkten.

Auch bei Schumanns „Carnevale di Vienna“ entwickelte sie ganz eigene Vorstellungen, kombinierte beim munteren Einstieg süßliche Melodik mit hartem Anschlag à la russe. Zwischen harschem Spiel entwickelten sich wiegende Passagen, moderates Zwischenspiel, lebhafte und energiegeladene Läufe. Flink, mit häufig kreuzenden Händen, arbeitete sie sich auf den dramatischen Schluss zu. Danach großer Applaus. Verträumt erklang mit Schuberts „Gretchen am Spinnrade“ ihre erste Zugabe, schwelgerisch, geprägt von nachdrücklich gearbeiteten Phrasen. Schwungvoll perlend ließ sie eine Etüde von Rachmaninoff folgen, unterschwellig grotesk marschierend. Mit stehenden Ovationen dankte es eine begeisterte Zuhörerschaft.

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